1. - 5. Feb.
2020
Erinnerungen von Hubertus Hess
an eine Reise mit dem Wiesbadener
Wagnerverband nach Prag im Februar 2020
Wagnerfreund, willst Du verreisen, so tue das nur mit den Schlossers,
Elli, so ruft sie beim Namen der Gatte, der traute Hans-Günther,
sie hat gemacht und getan, damit alles gelinge in dieser
Goldenen Stadt hier in Prag, in der Hauptstadt der wackeren Tschechen,
die sich beim Biertrinken nie jemals lassen besiegen von andren.
Bernd, unser freundlicher Sachse, erwartet die Reisenden pünktlich,
stets souverän herrscht er über die kräftigen Rosse des Diesels,
bringt uns nach Franken am Samstag, wo dampfende Klöße schon warten,
Schäufele gibt es dazu noch und helles und dunkel Gebrautes.
Morpheus regiert nach der Abfahrt die Zecher, doch einsam wachend
ruft nicht Brangäne, nein Bernd ist's, der sicher uns lenkt in den Osten.
Elli, die Kundige, ruft uns zurück in die Welt der Musik jetzt,
lehrt uns, wo Wagner einst kurte in Franken, in Böhmen und sonst wo.
Bald ist die Goldene Stadt nun erreicht und am Wenzelsplatz liegt das
edle Quartier, das einst war benannt nach der Gans, nach der gold'nen,
wo auch das tschechische Bier fließt, das traumlosen Schlummer bereitet.
Sonntag, der Zweite im Februar, neun Uhr erwartet uns Zdenka.
"Altstadt von Prag", ja so steht's im Programm, das die Elli geschmiedet.
Los geht's, vorbei an Gebäuden, der Jugendstil prägte sie prachtvoll,
vornehme Häuser von edlen Geschlechtern erfreuen die Augen.
Pflicht ist natürlich die Brücke, die Karl, jener Vierte, geschaffen.
Wer sie nicht mindestens bis zu der Mitte beschritten, der war nie
wirklich in Prag, so lehrt es uns Zdenka, die kundigste aller,
die durch die Stadt die Touristen, die wissensbedürftigen, führen.
Teilen des Weges, den einstmals die Könige nahmen, wenn sie sich
krönen hier ließen, da folgten wir freudig und lauschten der Zdenka,
die nur so sprudelt vor Wissen, gescheit und verständlich erzählt sie.
Endlich erreichen wir alle das Rathaus der Altstadt, wo Zdenka,
jene so kundige Pragerin, Plätze gebucht hat, damit wir
nicht in der Mitte des Volkes das Schauspiel der vielen Apostel,
welche um zwölfe erscheinen, erschauen, nein wir sitzen trocken
oben am Fenster von jenem Cafe, das nach Mozart benannt ist.
Köstliche Torten, geboten von reizenden Damen, die muss man
leider verschmähen, denn andre Genüsse erwarten die Freunde:
Sarah Bernhardt, die berühmte Actrice, sie erwartet uns nämlich,
freilich zwar nicht in persona, jedoch ist benannt nach der Dame
jene gepflegte Station, wo man fürstlich uns nun wird bewirten.
Eigentlich sind die Genüsse und Eindrücke ausreichend für den
Tag, jedoch das von der Elli erdachte Programm sieht noch mehr vor:
"Lohengrin" - passt auch ins Versmaß, Homer hat's schon trefflich verwendet -
Lohengrin von Richard Wagner erwartet die Freunde am Abend.
"Narodni divadlo" heißt es auf Tschechisch, das staatlich' Theater,
das wir besuchen; noch proben die Bläser als wir es erreichen.
Prunkvoll die Räume und gülden die Ränge, als pünktlich die ersten
Klänge ertönen: Silbrig die Geigen, sonor dann die Bratschen,
strahlend die Bläser: Trompeten, Posaunen, die lassen es krachen.
Während der Vorhang, der Eiserne, unten bleibt, so mag's der Märker,
welcher den Firlefanz, den sich so mancher erlaubt, nicht benötigt,
um zu versteh'n, was dem Kenner des Werkes von selbst sich vermittelt.
Freilich, so ist's mit der Kunst, es gefällt halt nicht jedem, doch allen
bleibt die Erinn'rung an bunte Kostüme und manch schöne Stimme.
Schäumender Gerstensaft hilft dann so manchem von uns, diese Eindrück',
die uns der herrliche Tag so gebracht hat, zu wahren im Herzen.
Montag, der Dritte im Februar, neun Uhr am Morgen, es dieselt
Bernds schöner Bus, und der bringt Wagners Freunde hinauf auf die Burg jetzt.
Hradschin, so nennen die Tschechen den Burgberg, auf dem die Geschichte
Mitteleuropas geschrieben war, Fenstersturz, Anfang des Krieges,
welcher gewütet so lang' dreißig Jahre vor vierhundert Jahren.
Uns schlägt der Veitsdom sofort in den Bann, die Größe allein schon
gibt einen Eindruck von Macht und vom Heiligen Römischen Reiche.
Völlig im Gegensatz dazu das goldene Gässchen, wo Kafka
Haus zweiundzwanzig dereinst mit Otilia, der Schwester, bewohnte.
Hätten wir nicht von dem Strudel, aus Äpfeln gefertigt, gegessen,
wären wir wohl von dem Hügel, dem steilen, nicht abwärts gekommen.
Bernd, unser Sachse, erwartet die Pilger, die teilweis' ermattet,
bringt sie zur nächsten Station, die Elisabeth fand, sie sei würdig,
dass wir sie finden und wahrlich: Lohnend die Sammlung von Geigen,
Bratschen und Gamben, von Celli und kunstvoll gebauten Klavieren.
Zdenka erzählt die Geschichte des Hauses, das Vieles erduldet,
heute doch dient es den Musici dazu, ihr Herz zu erfreuen.
Und diese Zdenka, die fleißige Seele, sie hat, das gesteht sie,
vorher für uns das Museum besucht, um sich vorzubereiten.
Danke für solch einen Service, den sonst man wohl findet nur selten.
Dienstag, der Vierte im Februar, neun Uhr am Morgen, es regnet,
Zdenka, das Goldstück, sie wartet geduldig bis alle versammelt.
Bernd bringt die Freunde zum anderen Ufer der strömenden Moldau,
die Bedrich Smetana herrlich gezeichnet in fließenden Tönen.
Kleinseite heißt dieser Stadtteil, wo unsere Botschaft zu Hause,
hier im Palais wurd' Geschichte geschrieben durch Hans-Dietrich Genscher.
Weiter zur Kirche der Jungfrau Maria vom Siege, wo Pilger
heute die Statue finden von Jesus in Form eines Kindes.
Nach einer Mittagsrast queren wir wieder die strömende Moldau,
jüdisches Leben wird Zdenka, die Kluge, uns näher nun bringen.
Zwölfhundertsiebzig als eines der ersten Gebetshäuser Prags ist
die Synagoge gegründet, die uns in den Bann schlägt, denn Tausende
Namen ermordeter Menschen sie lassen Besucher verstummen.
Anspruchsvoll war dieser Tag, ein paar Stunden der Ruhe sind nötig,
doch hat die Elli natürlich für Abends ein Ass noch im Ärmel:
Schwarzes Theater - was ist das? so fragen es manche eh'r kritisch,
lenken den Schritt aber dann nach dem urigen Mahle in Richtung
Innenstadt: Großartig, was hier geboten wird, jung sind die Künstler,
pfiffig die Themen, zu Recht applaudieren die Freunde begeistert.
Mittwoch, der Fünfte im Februar, heute geht's früher los, denn der
Herrscher der dieselnden Rosse, er fürchtet des Winters gestrenge
Folgen, die dräuen von tieferen Temperaturen im Westen.
Schnell sind die Koffer verladen und vor dem geplanten Termin noch
sitzen die Freunde des Leipziger Meisters schon auf ihren Plätzen.
Heimwärts soll's jetzt wieder gehen, doch wartet ein Zwischenstopp auf uns:
Kloster Waldsassen, in bayrisch Sibirien hinter der Grenze
öffnet uns Türe und Tore, berühmt ist die Bibliotheca:
Kunstvoll geschnitzte Figuren, sie tragen die prächtige Brüstung,
welche den Saal, den Gemälde schön zieren, in Gänze umrundet.
Fränkische Küche und Bier aus der Oberpfalz machen uns glücklich,
Bernd, unser fröhlicher Sachse, chauffiert uns durchs Fichtelgebirge,
südlich liegt Bayreuth, wir lassen es liegen, denn uns ruft die Heimat.
Danke zu sagen ist nunmehr die freudige Pflicht des Chronisten.
Erst mal an Bernd, unsren wackeren Sachsen, der zügig und sicher
uns transportiert hat, mal sehen, ob er uns mal wieder begleitet.
Nun zu den Schlossers: Mal wieder da haben die beiden doch Alles
richtig geplant: Erst die Einkehr in Franken, das gute Hotel dann
mitten in Prag, dann das Plätzchen in Mozarts Cafe, gegenüber
hat man vor Augen die Uhr, wo Apostel erscheinen um Zwölfe.
Alles in allem gelungen drum DANKE und merkt's Euch gehörig:
"Wagnerfreund, willst Du verreisen, so tue das stets mit den Schlossers!"
Bilder von Peter Ballstädt, Hubertus Hess, Kunio Itoh
2018
Musikreise des RWV-Wiesbaden nach Erl/Kufstein vom 5. – 9. Juli 2018
Unser Reiseziel dieses Mal war Erl, ein Ortsteil von Kufstein in unmittelbarer Nähe des Wilden Kaiser-Gebirges.
Erl ist der älteste Passionsspielort im deutschsprachigen Raum. Anlass für unsere Reise waren jedoch nicht die
seit 1613 stattfindenden Passionsspiele, sondern der Ruf Erls als Spielstätte für hochkarätige musikalische Aufführungen während der „Tiroler Festspiele Erl“ im Juli und August, insbesondere auch für Wagner-Opern.
Das architektonisch interessante, im Jahr 2012 neu erbaute benachbarte Festspielhaus, kann - im Gegensatz zum Passionsspielhaus - auch im Winter bespielt werden. Es wird für unterschiedliche musikalische Aufführungen genutzt,
sowohl parallel zu den Sommerfestspielen, als auch während der Winterfestspiele im Dezember und Januar. Die Erler Festspiele sind inzwischen weltweit bekannt.
Unsere Reisegruppe durfte beide Festspielstätten kennen lernen:
Im Passionsspielhaus erlebten wir „Die Walküre“ von Richard Wagner mit Sängerinnen und Sängern der Accademia di Montegral und dem Orchester und der Chorakademie der Tiroler Festspiele Erl unter der musikalischen Leitung und Regie von Gustav Kuhn.
Ungewohnt war, dass das Orchester den hinteren Teil der Bühne einnahm, von der Szene durch einen nahezu transparenten Vorhang getrennt. Dem Bühnenbild blieb nur das vordere Drittel, für die Regie eine Herausforderung, die gut gelöst wurde. Die Sängerinnen und Sänger, insbesondere aber auch das Orchester zeigten eine überzeugende musikalische Umsetzung.
Die beiden Pausen genoss man in der ländlichen Umgebung beider Häuser in Gesellschaft einer Kuhherde: Man störte sich nicht! Liegestühle, die im Kreis aufgestellt waren, luden zum entspannten Verweilen und zum Austausch über das zuvor Gehörte und Gesehene ein.
Am folgenden Tag lernten wir dann auch das Festspielhaus kennen. Der Bariton Florian Boesch und die Musicbanda Franui interpretierten in ihrer Liedmatinèe „Alles wieder gut“ Lieder von Schubert, Schumann, Brahms und Mahler in ungewohnter Instrumentierung.So wurde die Stimmung des jeweiligen Liedes besonders hervorgehoben. In unserer
Reisegruppe führte das zu einem unterschiedlichen Meinungsbild.
Auch das Beiprogramm hielt einige Höhepunkte bereit:
Wir besuchten die mächtige
Festung Kufstein …
… und spazierten unter kundiger Führung durch die Altstadt.
Sehr eindrucksvoll war die Besichtigung der Glashütte Riedel. Die Eigentümer hatten sich nach ihrer Vertreibung aus dem Böhmerwald mit ihrer Glashütte in Tirol angesiedelt.
Durch eigene Forschungen entwickelten sie für jeden Wein eine spezielle Form des Weinglases, um den individuellen Charakter der unterschiedlichen Weinsorten besser zur Geltung zu bringen. Von einer Galerie aus konnten wir die schweißtreibende Arbeit der Glasbläser beobachten. Wir waren beeindruckt.
Bei einer Schifffahrt über den Achensee und während eines kleinen Spazierganges auf der Gaisalm freuten wir uns an der beeindruckenden Kulisse der umliegenden
Bergwelt.
In der Wahl der Restaurants waren wir meistens frei. Gemeinsam nahmen wir am Anreisetag im „Auracher Löchl“ und am letzten Abend im „Purlepaus“ das Abendessen ein, wo wir der schmackhaften Tiroler Küche, die der bayrischen Küche ähnlich ist, den Vorzug gaben. Dazu schmeckte das lokale Bier oder der Tiroler Wein.
Am fünften Tag unserer Reise erreichten wir, erfüllt von Kunstgenüssen und Eindrücken der Tiroler Bergwelt, wohlbehalten unsere hessische Landeshauptstadt.
Ein herzliches Dankeschön an unsere Mitreisenden Frau Edelgund Derscheid (Text) und
Herrn Peter Ballstädt (Bilder) für Ihre Beiträge zu dieser „Nachlese“.